Das Problem der linken Großbündnisse gegen rechts
Ein Kommentar von @chriskroeper
Eine möglichst breite Masse hinter sich zu vereinen, um gegen AfD und co. vorzugehen ist schön und gut, aber welche Schattenseiten bringt dieser Herdentrieb.
Das Erstarken der AfD und anderer rechtspopulistischer und konservativer Kräfte in den vergangenen Jahren hat viele schauderhafte Dinge zum Vorschein gebracht. Dazu gehören auch die zahlreichen linken Großbündnisse, die sich erhoben haben, um den gesellschaftlichen Rollback aufzuhalten. Diese Großbündnisse, die sich zu jeder erdenklichen Möglichkeit zusammenrotten, um jeden Wahlkampfstand, jede Kundgebung und jede noch so kleine Veranstaltung der AfD und deren Unterstützer*innen zu blockieren oder niederzubrüllen. Ob die Blockaden und sogenanntes Picketing (die Begleitung einer Veranstaltung am Rande durch Schilder und das Brüllen von Parolen) sinnvoll sind, darüber lässt sich streiten. Einerseits bedient man durch diese Mittel schlichtweg einfach nur die bereits vorhandenen Ressentiments der gefestigten AfD Anhänger*innen, andererseits schafft man es ja eventuell, möglicherweise doch noch, nicht gefestigte AfD Sympathisant*innen davor zu retten, vollends „auf den falschen Weg zu geraten.“ Darüber hinaus kann man ja, frei nach der Manier „wehret den Anfängen,“ nicht einfach schweigend zuschauen, wie diese Gruppen sich vergrößern und ihr Weltbild verbreiten. Diese linken und/oder liberalen und/oder bürgerlichen Bündnisse sehen sich meist sehr ähnlich. Man ist möglichst groß und breit aufgestellt, so dass jede*r sehen kann, dass man die Gesamtgesellschaft vertritt und so wird jede Gruppe aufgenommen die sich auch nur annähernd „(welt-)offen“, „links“ oder „liberal“ nennt, denn wie wir alle wissen, „der Feind meines Feindes muss mein Freund sein“ und „alles egal, Hauptsache alles für die Bewegung“ also das gemeinsame Ziel den Rollback zu stoppen. Aber wie sinnvoll ist dieses Vorgehen? Um diese Frage zu beantworten, muss man sich anschauen, was bei solchen Veranstaltungen alles zu beobachten ist (die nachfolgende nichtabschließende Aufzählung entspricht Beobachtungen auf diversen Veranstaltungen):
„Ist es also in Ordnung vor homefeindlichen, sexistischen, antisemitischen und gewaltverherrlichenden Aktivist*innen einen Kniefall zu machen, nur weil sich diese zufällig auch links/liberal /bürgerlich nennen?“
Feminist*innen, die sich im Normalfall bei jedem noch so kleinen Aufflackern von Sexismus echauffieren, stehen in einer Reihe mit Vollpfosten, die bei jede*r Frau* auf der anderen Seite minutenlang „Nazischlampe“ brüllen, und tolerieren diese. Linke Macker, die durch ihre Drohgebärden und tatsächliche physische Gewalt, mal wieder ihre richtig derbe Männlichkeit demonstrieren können. Gruppen, die versuchen die Männlichkeit der Gegenseite zu diskreditieren, indem sie den Adlern homofeindliche Beleidigungen entgegenwerfen. Die Entladung der eigenen Wut und Gewaltfantasien, die bezüglich der Gegenseite bestehen, auf Unbeteiligte, weil diese sich nicht wie die Schäfchen in den Protest einverleiben. Redebeiträge, die versuchen die eigene Seite von Diskriminierungsmechanismen freizusprechen und auf die Exklusivität dieser im rechten Milieu, z.B. die Exklusivität von Antisemitismus, der ja wie wir alle wissen, nur unter Rechten* vorkommt, zu pochen. Ist es also in Ordnung vor homofeindlichen, sexistischen, antisemitischen und gewalt-verherrlichenden Aktivist*innen einen Kniefall zu machen, nur weil sich diese zufällig auch links/ liberal/bürgerlich nennen?
Ob gewollt oder nicht, solche Veranstaltungen vermitteln jedenfalls den Eindruck, dass Diskriminierungsmechanismen vollkommen klar gehen, solange sie sich gegen die Rechten* wenden.
Ob gewollt oder nicht, solche Veranstaltungen vermitteln jedenfalls den Eindruck, dass Diskriminierungsmechanismen vollkommen klar gehen, solange sie sich gegen die Rechten* wenden. Es scheint, als ob man die eigenen Prinzipien über Bord wirft, nur um gemeinsam dem „Feind“ gegenüber zu treten. Natürlich ist ein Vorgehen gegen rechte Kräfte wichtig, aber müssen wir uns dafür selbst wieder mit regressiven Idiot*innen umgeben? Denn wer dazu bereit ist die eigene Progressivität aufzugeben, um gegen „den Feind auf der rechten Seite“ vorzugehen, macht schlichtweg den Bock zum Gärtner. Was soll man aber dann tun? Bevor ihr Bündnisse eingeht, schaut euch an, welche Gruppen teilhaben und wofür diese stehen. Dann trefft für euch selbst die Entscheidung, ob und wie weit ihr eure eigenen Prinzipien zurückschrauben könnt und wollt. Solltet ihr euch dann entscheiden einem solchen Bündnis beizutreten, zeigt innerhalb des Bündnisses untragbares Verhalten auf und prangert es an und nehmt es nicht einfach still hin.
Schaut unbedingt auf dem Twitter Account von Chrissy vorbei: @chriskroeper
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